Gemeinderat 14.04.2021:
Mitschrift der WIP

Beginn: 19.00 Uhr

Abwesende Gemeinderäte:
FDP: Dr. Betz (kommt gegen 20.30 Uhr)
GRÜNE: Wülleitner
Pullach Plus: Voit

Anwesende Gemeinderäte:
CSU: C. Eisenmann, U. Eisenmann, J. Westenthanner, S. Westenthanner
FDP: Dr. Reich
GRÜNE: Dr. Bekk, Grasse, Hanny, Müller-Klug, Stöhr
Pullach Plus: Dr. Most
SPD: Ptacek, Schönlein
WIP: Metz, Schuster, Vennekold, Zechmeister

plus 1. Bürgermeisterin Tausendfreund -> einstimmig beschlossen entspricht 18 Stimmen (21–3)

Außerdem sind zahlreiche Besucher im großen Saal des Bürgerhauses. Nötige Abstände werden eingehalten.

Bürgermeisterin Tausendfreund erläutert vor Beginn der Sitzung, dass es seit heute neue Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts gibt. Daher gilt für alle Anwesenden während der gesamten Sitzung FFP2-Maskenpflicht, auch am Platz und beim Sprechen. Damit soll verhindert werden, dass alle Anwesenden sich in Quarantäne begeben müssten in dem Fall, dass eine der anwesenden Personen in den nächsten Tagen positiv auf Corona getestet wird.

Anmerkung der Protokollantin: Aufgrund der Masken waren die Sprechenden teilweise kaum oder nur schwer zu verstehen. Ich bitte um Nachsicht und Korrektur, falls nötig. E-Mail genügt an kontakt@wir-in-pullach.de

 

TOP 1:
Feststellung der ordnungsgemäßen Ladung der Gemeinderatsmitglieder und der Beschlussfähigkeit des Gemeinderates nach Art. 47 Abs. 2 GO

 

TOP 2:
Genehmigung der vorgelegten Tagesordnung
einstimmig genehmigt

 

TOP 3:
Bürgerfragestunde

Herr Pichler: Wird das Projekt Hans-Keis-Straße 37 samt Plänen heute nochmals vorgestellt?
Tausendfreund: Ja. Eingereichte Bauunterlagen dürfen aus Datenschutzgründen grundsätzlich nicht im Internet veröffentlicht werden. Heute sind Fragen der Anwesenden während der Sitzung ausnahmsweise möglich.

 

TOP 4:
Nachprüfungsantrag gem. Art. 32 Abs. 3 Satz 1 GO zu TOP 3 der Sitzung des Bauausschusses vom 22.03.2021 (hier: Antrag auf Vorbescheid zum Neubau eines Mehrfamilienhauses mit 17 Sozialwohnungen, Tagespflege, Sozialstation und Tiefgarage auf dem Anwesen Hans-Keis-Straße 37, Fl.-Nr. 170/17)

 

Vorab eine Zusammenfassung der Protokollantin zum Verständnis:

Es geht um einen Vorbescheidsantrag für ein Bauvorhaben: In der Hans-Keis-Straße 37 (Freifläche hinter dem Haus am Wiesenweg) soll ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage gebaut werden.

Im Erdgeschoss soll eine Tagespflege und eine Sozialstation untergebracht werden, in den Stockwerken 1 bis 3 und dem Dachgeschoss sind 17 barrierefreie Wohnungen vorgesehen. Es handelt sich hierbei NICHT um Sozialwohnungen, sondern um erschwingliche Wohnungen, vor allem für die Mitarbeiter des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der das Haus am Wiesenweg betreibt und auch die Tagespflege und die Sozialstation betreiben würde.

Das Grundstück gehört der Gemeinde Pullach i. Isartal und ist dem Paritätischen Wohlfahrtsverband in Erbpacht überlassen.
Eine Tagespflege und eine Sozialstation werden in Pullach dringend gebraucht, ebenso günstiger Wohnraum.

Die Gemeinderäte sprechen sich ausdrücklich FÜR günstige Wohnungen, Tagespflege und Sozialstation, auch an dieser Stelle aus, ebenso die Nachbarn.

Strittig sind aber Höhe und Masse des Baukörpers, damit die Verträglichkeit für die Umgebung und das Ortsbild insgesamt.

Für den Bereich existiert kein Bebauungsplan und somit richtet sich die Genehmigung von Vorhaben nach § 34 BauGB. Nach § 34 BauGB ist „(…) innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (…) ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden (…)“.

Als Investor tritt Herr Werner Schellmann von der Schellmann Unternehmensgruppe auf.

Der Bauausschuss hat in seiner Sitzung vom 22.03.2021 den Vorbescheid mit 5:4 genehmigt (= gemeindliches Einvernehmen). Form- und fristgerecht haben daraufhin 9 Gemeinderäte einen Antrag auf Nachprüfung durch den Gemeinderat gestellt. Dafür wurde diese Sondersitzung einberufen.

 

Vortrag:

Weiß (Bauamt): Das Bauamt sieht die Genehmigungsfähigkeit des Baukörpers als gegeben, auch das Landratsamt hat Zustimmung signalisiert. Das Bauamt schlägt vor, den Beschluss des Bauausschusses zu bestätigen.

Vital (Bauamt): Stellt die Pläne vor. Die Gebäude an der Hans-Keis-Straße sind ca. 15,5 m hoch, der geplante Neubau ca. 12,4  bis 15,4 m hoch. Es gibt keinen Bebauungsplan für dieses Gebiet, vielmehr gilt § 34 des BauGB. Geplant sind 17 Wohnungen, davon elf 2-Zimmer-Wohnungen, zwei 4-Zimmer-Wohnungen und vier 5-Zimmer-Wohnungen.
Geschützte Bäume dürfen eher nicht entfernt werden. Eine Genehmigung für das Entfernen der meisten Bäume kann in Aussicht gestellt werden.
Art und Maß der baulichen Nutzung fügen sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein (Auffassung der Gemeinde, des Landratsamts und des Bauausschusses).

Weiß (Bauamt): Das gemeindliche Einvernehmen wurde mit 5:4 Stimmen im Bauausschuss erteilt.

Tausendfreund: Der Paritätische Wohlfahrtsverband betreibt das Haus am Wiesenweg und möchte schon seit längerer Zeit zusammen mi der Schellmann Unternehmensgruppe eine bauliche Ergänzung für Tagespflege und Sozialstation. Wohnungen sollen für Pflegekräfte dienen. Die geplanten Wohnungsgrößen würden auch gut in die Bedarfe der Gemeinde insgesamt hineinpassen. Alle Wohnungen sind barrierefrei. Die Wohnungen sind keine Sozialwohnungen, sondern erschwingliche Wohnungen. Tagespflege ist ein dringender Bedarf in Pullach.

Diskussion:

Zechmeister (WIP): Ist nicht gegen eine Tagespflege oder Wohnungen. Der Begriff Sozialwohnungen ist nicht richtig. Die Wohnungen sollen den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden, dagegen ist niemand. Ist aber nicht der Meinung, dass sich das Bauvorhaben in die Umgebung einfügt. Das siebenstöckige Gebäude ist ein Fremdkörper, der vor Jahrzehnten gebaut wurde und nicht berücksichtigt werden sollte. Die Verschattung eines so großen Gebäudes kann den Anwohnern nicht zugemutet werden. Ein Bebauungsplan soll zunächst aufgestellt werden mit der Maßgabe: nicht in dieser Höhe und in dieser Gestaltung. Diese Höhenentwicklung darf in der Ortsmitte nicht so weitergehen. Daher muss diese Entscheidung auch der Gemeinderat treffen. 5:4 war eine knappe Entscheidung im Bauausschuss.

Weiß (Bauamt): Der Bauausschuss ist grundsätzlich ein beschließender Ausschuss. Der Nachprüfungsantrag ist legitim. Doch wo setzen wir die Grenze? In diesem Gebiet gibt es insgesamt eine hohe Bebauung. Die 19 m werden nicht herangezogen, nur 14 m.

Grasse (GRÜNE): Die GRÜNEN finden es sehr schön, dass eine Tagespflege und Wohnungen vor allem für die Mitarbeitenden entstehen. Freie Fläche ist in Pullach rar. Wir vertreten die Ansicht, dass die Höhe in vertretbarem Rahmen sein sollte, aber auch nichts verschenkt werden sollte. Der Bedarf nach Wohnungen ist gigantisch. Das ist auch ein Angebot für ältere Mitbürger*innen, die auch die Tagespflege wahrnehmen könnten. Der eingebrachte Vorschlag wird unbedingt begrüßt.

Herr Hein (Anwohner und Architekt): Das Grundstück ist prädestiniert für eine Bebauung im Zusammenhang mit dem Altenheim. Die geplante Nutzung ist auch gut geeignet. Es geht aber um das Thema der Verträglichkeit und des Maßes. Nach § 34 BauGB muss sich der Neubau in die Umgebung einfügen. Die Kommunen haben aber einen großen Spielraum, z.B. mit dem Bebauungsplan. Hier kann die Gemeinde aktiv gestaltend eingreifen. Hier könnten Parameter gesetzt werden, die über § 34 BauGB hinausgehen.
Gestaltungsvorhaben könnten hier gemacht werden, damit ein neues Gebäude besser in die vorhandene Situation eingefügt werden kann.

Tausendfreund: In diesem besonderen Fall müsste die Gemeinde nur sagen, wie sie es haben möchte. Das Grundstück ist dem Paritätischen Wohlfahrtsverband in Erbpacht übergeben worden. Daher ist ein langwieriger Bebauungsplan nicht erforderlich.

Herr Pichler (Anwohner): Die Dachgeschosswohnungen sind mit 110 qm eher luxuriös. Was ist mit dem großen Baum? 25 Bäume kommen weg, die östliche Seite wird zubetoniert. Die Parksituation ist jetzt schon katastrophal für die Mitarbeiter*innen des Altenheims. Auf der Fläche des Parks standen früher große Gebäude mit Wohnungen für die Mitarbeiter. Dort könnte auch gebaut werden. Möchte eine ganzheitliche Betrachtung des Geländes.

Tausendfreund: Die Fläche des Parks war kein Gegenstand der Überlegungen.

Herr … (Anwohner): Die Gemeinde könnte einen Bebauungsplan aufstellen, um die Ortsentwicklung aktiv zu steuern. Das Aufschaukeln der Wandhöhen in diesem Bereich durch den Fremdkörper Altenheim könnte auch künftige Bauherren auf den Plan rufen, höher zu bauen. Das schaukelt sich auf, und wir bekommen an diese rStelle ein ganz anderes Ortsbild. Gegensteuern im Sinne des Ortsbilds!

Zechmeister (WIP): Wir müssen ehrlich sein und uns klarmachen, dass auch der große Baum nicht gehalten werden kann. Das Grundstück wird den gesamten Baumbstand verlieren. Hier wird Tabula rasa gemacht werden müssen. Wollen wir das? Ich bin keine Grüne, aber finde es schon ungewöhnlich, dass das Grundstück zu 70 % versiegelt werden soll.
Im § 34 BauGB gibt es auch das Gebot der Rücksichtnahme. Wir haben auch Rücksicht zu nehmen auf die Bebauung in der Nachbarschaft. Wie wollen wir hier bauen? Da muss ein Planer beauftragt werden. Die Planungshoheit liegt bei der Gemeinde. Wir wollen hier keinen Präzedenzfall schaffen. Bitte lassen Sie uns die Zeit dafür nehmen.

Tausendfreund: Bittet darum,  Beifallskundgebungen zu unterlassen.

Vennekold (WIP): Je höher gebaut wird, desto kostengünstiger, das ist richtig. Aber wir wollen kein zweites Unterhaching. Wir wollen aber die Tagespflege und die Wohnungen. Auch München und andere Gemeinden haben Grenzen in der Höhenentwicklung. Sie opfern das Ortsbild, wenn Sie das so genehmigen. Die WIP ist nicht dafür.

Ptacek (SPD): Stellt Antrag zur Geschäftsordnung und beantragt sofortige Abstimmung.
10 Ja-Stimmen, 8 Nein-Stimmen

Beschlussvorschlag und Abstimmung:

1. Der Gemeinderat stellt fest, dass die rechtlichen Voraussetzungen nach Art. 32 Abs. 3 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) für den Nachprüfungsantrag vom 23.03.2021 (Anlage 1) gegeben sind und der Antrag zulässig ist.
2. Der Gemeinderat nimmt den Nachprüfungsantrag vom 23.03.2021 zur Kenntnis

einstimmig

3. Der Gemeinderat lehnt den Nachprüfungsantrag vom 23.03.2021 ab und bestätigt den Beschluss des Bauausschusses vom 22.03.2021, TOP 3, zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens zum Antrag auf Vorbescheid für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit 17 Sozialwohnungen, Tagespflege, Sozialstation und Tiefgarage auf dem Anwesen Hans-Keis-Straße 37, Fl.-Nr. 170/17 (Anlage 2).

9 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen -> Patt -> Gemeinderat lehnt die Ablehnung des Nachprüfungsantrags ab

Es entbrennt ob der doppelten Verneinung eine Diskussion, ob dem Nachprüfungsantrag jetzt noch positiv zugestimmt werden muss. Eine Patt-Situation ist kein Beschluss. Der Bauausschussbeschluss ist noch nicht aufgehoben.

Zechmeister (WIP): Dem Nachprüfungsantrag wurde zugestimmt. Die Punkte des Bauausschusses werden nun nochmals zur Abstimmung gestellt.

Bestätigung des 5:4-Beschlusses des Bauausschusses: 9 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen -> Patt -> Gemeinderat lehnt den Vorbescheidsantrag ab

 

TOP 5:
Empfehlung des Bauausschusses vom 22.03.2021 zur Aufstellung eines einfachen Bebauungsplanes für das Anwesen Hans-Keis-Straße 37, Fl.-Nr. 170/17; Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB)

Herr Schellmann (Investor): Ist überrascht über die kontroverse Diskussion. Es handelt sich um eine Bauvoranfrage, die klären sollte, ob in dieser Weise eine Bebauung möglich ist. Flächenfraß soll vermieden werden. Bietet Gespräch an, wenn es ein Geschoß zuviel ist, und gemeinsame Lösungsfindung.

Dr. Reich (FDP): Die Ausführungen der Gemeindebürger haben beeindruckt. Aus seiner Sicht ist der Bebauungsplan das geeignete Verfahren, um die verschiedenen Interessen zu berücksichtigen.

Zechmeister (WIP): Ein Vorbescheid wäre verbindlich gewesen. Bittet um Verständnis, dass ein genehmigter Vorbescheid eine rechtliche Grundlage geschaffen hätte. Regte bereits an, einen einfachen, keinen qualifizierten Bebauungsplan aufzustellen. Auch sollten die Bürger*innen die Möglichkeit bekommen, Stellung zu nehmen. Ein einfacher Bebauungsplan kann auch schnell gehen. Transparenz ist wichtig.

Tausendfreund: Der Bauwerber könnte den Vorbescheidsantrag zurücknehmen und einen neuen Vorschlag einbringen. Dann könnte das Bebauungsplanverfahren vermieden werden.

Schellmann: Ist dazu bereit. Erabeitet den Baukörper auch gemeinsam mit dem Bauausschuss. Will etwas für die Gemeinde und nicht gegen die Gemeinde tun.

Müller-Klug (GRÜNE): Zielsetzung sollte sein, das Ganze zu einer schnellen Umsetzung zu bringen. Will daher keinen Bebauungsplan. Es geht wohl um ein Geschoß, das umstritten ist. Die Erweiterung der Pflege- und Betreuungsmöglichkeiten ist das vordringliche Ziel.

Zechmeister (WIP): Schlägt vor, den Antrag auf Bebauungsplanaufstellung zurückzuziehen, und zuerst Gespräche mit dem Bauwerber zu führen. Bei Nichterfolg kann dann immer noch der Bebauungsplan aufgestellt werden. Wichtig ist, dass ein Vertreter der Nachbarschaft einbezogen wird. Die Planungshoheit liegt bei der Gemeinde. Wir wollen die Tagespflege und die Sozialstation, aber nicht um jeden Preis.

Abstimmung:

Bebauungsplan aufstellen
9 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen -> Antrag abgelehnt

Zurückstellen des Bebauungsplans:
17 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme

Tausendfreund: Weitere Gespräche mit Herrn Schellmann werden beginnen. Das Projekt kann dann in etwas verkleinerter Form realisiert werden.

 

TOP 6:
Bekanntgaben aus nichtöffentlichen Sitzungen
keine

 

TOP 7:
Allgemeine Bekanntgaben
keine

 

TOP 8:
Gemeinderatsfragestunde
keine Fragen

 

Ende der öffentlichen Sitzung: 20.30 Uhr
Im Anschluss findet eine nichtöffentliche Sitzung zu Grundstücks- und Personalangelegenheiten statt.

Mitschrift online: 22.20 Uhr
Diese Mitschrift wurde mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt (CS). Sie ist trotzdem ohne Gewähr.
Aufgrund der Masken waren die Sprechenden teilweise kaum oder nur schwer zu verstehen. Ich bitte um Nachsicht und Korrektur, falls nötig. E-Mail genügt an kontakt@wir-in-pullach.de

 

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