Das Thema der Live-Übertragungen diskutierte der Pullacher Gemeinderat in seiner letzten Sitzung. Bedauerlicherweise kam es zu einer mehrheitlichen Ablehnung durch die Grünen, die SPD und einige andere Mitglieder des Gemeinderats, die mit einer Live-Übertragung ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sehen und aus Datenschutzgründen dies kategorisch ablehnen.
Vielleicht hätten parteiinterne Gespräche die Vorurteile beseitigen können, doch in Pullach denkt man anders als in der Landeshauptstadt: „Live-Übertragungen des Landtags wurden in der Corona-Krise gut angenommen. Grüne, SPD und FDP wollen das Format beibehalten.“ oder „Der Live-Stream aus den Ausschusssitzungen ist zeitgemäß und angemessen.“ (Jürgen Mistol, Grüne) oder „Die Ablehnung von Live-Streams wäre genau das falsche Signal.“, so Fraktionssprecher Dr. Florian Roth von den Grünen der Landeshauptstadt München.
Auch das Argument, der gemeinsame Antrag von WIP, CSU und FDP wäre nur der Corona-Krise geschuldet, können wir nicht gelten lassen, denn bekannterweise ist diese Krise noch lange nicht beendet.
Wie soll man Vertrauen in die Politik gewinnen, wenn man als Interessierter nicht dabei sein kann? Das Beschlussprotokoll gibt es erst nach der folgenden Sitzung, frühestens in vier Wochen. Interessierte BürgerInnen wollen zeitnah wissen: Wie entscheiden die kürzlich gewählten Gemeinderatsvertreter? Vertreten Sie auch meine Ansichten? Berufstätige und Familien, aber auch ältere Mitmenschen würden gerne erfahren, wie der Gemeinderat über bestimmte Tagesordnungspunkte diskutiert und entscheidet. Sie wollen sich ihre eigene Meinung zu den vielfältigen Themen bilden. Leider haben sie nicht die Zeit oder kein Kindermädchen, gehören zu einer Risikogruppe und können darum nicht vor Ort sein. Aber einen Livestream – eine Art digitale Barrierefreiheit – wollte eine Mehrheit im Gemeinderat nicht.
Das Argument der Grünen-Vertreter – wir sind ja nur ehrenamtlich tätig und haben keine Medienerfahrung – können wir so auch nicht stehen lassen. Viele Mitglieder des Stadtrats in München sind auch ehrenamtlich tätig. Außerdem wurde kein gewählter Gemeinderat zu seinem Amt gezwungen, sondern es war seine eigene, freie Entscheidung. Damit ist jede/r z.T. auch eine Person des öffentlichen Interesses. Wenn jemand die Öffentlichkeit scheut, braucht er bzw. sie sich nicht bei einer öffentlichen Wahl als Kandidat aufstellen lassen. Politik muss anfassbar sein, Politik muss transparent sein und Politik muss nahbar sein, um Vertrauen zu gewinnen.
Als Kompromiss sprach sich der Gemeinderat für einen „Live-Ticker“ aus, der nun näher untersucht werden soll. Wir von der WIP berichten übrigens bereits seit sechs Jahren neutral und unentgeltlich live aus dem Gemeinderat auf www.wirinpullach.de.
Schreiben Sie uns gern Ihre Meinung unter kontakt@wirinpullach.de, denn wir machen Politik von uns, mit uns und für uns.
Ihr
Reinhard Vennekold
1. Vorsitzender der WIP – Wir in Pullach e.V.