Pressemitteilung Nr. 19:
Ausschuss-Besetzung wider (Wähler-) Willen

Was ist passiert? Eigentlich ging es unter dem Tagesordnungspunkt 12 der Gemeinderatssitzung vom 23. Juli 2014 lediglich um die formelle Abstimmung der Geschäftsordnung für den Gemeinderat in der Amtsperiode 2014-2020. Denn bereits im Vorfeld hatten sich die Fraktionen und einzelne Gemeinderäte in einer extra anberaumten Sitzung auf eine finale Version geeinigt. Völlig überraschend stellte der Fraktionssprecher der GRÜNEN den Antrag, den vorliegenden Entwurf der Geschäftsordnung dahingehend zu verändern, dass mit Ausnahme des Rechnungsprüfungsausschusses alle Ausschüsse statt mit 7 Mitgliedern nun mit 8 Mitgliedern besetzt werden sollen. Den pro Ausschuss neu geschaffenen achten Sitz für die GRÜNEN-Fraktion treten die GRÜNEN gleich wieder ab und verteilen diesen je nach Ausschuss (Finanz-/Personalausschuss und Sozialausschuss) nach Gutsherrenart an die FDP- bzw. SPD-Fraktion.

 

Wählerwille? Widerspiegelung des Wahlergebnisses bei der Besetzung der Ausschüsse? Fehlanzeige.

Dies hatte tumultartige Reaktionen im Gremium und Empörung bei den nicht informierten Gemeinderäten zur Folge, denn die Anzahl der Ausschuss-
mitglieder war ja bereits beschlossen und das Thema stand so auch nicht auf der Tagesordnung. Und das um 23.30 Uhr!

 

Dies hat eine weitreichende Konsequenz in den Ausschüssen. Der Gemeinderat kann gemäß der Gemeindeordnung des Freistaats Bayern bestimmte Entscheidungen in beratende und beschließende Ausschüsse delegieren. Der Pullacher Gemeinderat schuf – wie seit Jahren üblich – den Bauausschuss, Verkehrsausschuss, Ferienausschuss und neu den Ortsentwicklungs-, Energie- und Umweltausschuss sowie den Sozialausschuss. In diesen neuen 8er Ausschüssen sitzen nun neben der Ersten Bürgermeisterin als Vorsitzende 8 Mitglieder des Gemeinderats.
In den beschließenden Ausschüssen, die auch für den Gemeinderat bindend sind, sitzen und entscheiden neben den CSU und WIP-Mitgliedern
(je 2) nun entweder 2 Mitglieder sowie die Bürgermeisterin der GRÜNEN (3 Stimmen) oder 2 FDP- bzw. 2 SPD-Mitglieder.

 

Jedoch schreibt der Gesetzgeber in der Gemeindeordnung des Art. 33 des Freistaates Bayern vor: „…hierbei hat der Gemeinderat dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen…“
Denn letztlich sollte für die Gemeinde der Wählerwille der Pullacher Bürger entscheidend und bindend sein.

Zur Erinnerung: Die Kommunalwahl im April brachte folgendes Ergebnis:
CSU 21.472 Stimmen (5 Sitze)
WIP 19.624 Stimmen (5 Sitze)
GRÜNE 14.590 Stimmen (4 Sitze)
FDP 11.102 Stimmen (3 Sitze)
SPD 10.249 Stimmen (3 Sitze).
Daraus ergibt sich, dass z.B. in einem Ausschuss die SPD mit gerade mal 10.249 Stimmen dieselbe Anzahl von Sitzen und Stimmen im Ausschuss hat wie die WIP oder die CSU, die jeweils fast die doppelte Anzahl von Wählerstimmen der Pullacher Bürger auf sich vereinigen konnten.

 

Doch wie konnte nun der gültige Beschluss der ersten Gemeinderatssitzung wieder gekippt werden, fragen sich bestimmt viele Pullacher Bürger.
Die Erste Bürgermeisterin hob einfach – wohl auch aus eigenem Interesse – den Beschluss über die 7er Ausschüsse der konstituierenden Gemeinderatssitzung vom 6. Mai 2014 mit der Begründung eines Rechenfehlers in der Diskussion von damals auf. Das ist aber so nicht korrekt. Denn auch im Internet gibt es für jeden Bürger zugänglich Berechnungsformeln, die die Korrektheit der Besetzung in den 7er Ausschüssen bestätigen. So wurde der bisherige 7er Bauauschuss besetzt mit CSU 2 Sitzen, WIP 2 Sitzen, jeweils 1 Sitz für FDP, SPD und die GRÜNEN neben der Vorsitzenden mit einem weiteren Sitz (Verteilung 2-2-1-1-1).

Die erste Bürgermeisterin hätte den gültigen Beschluss über die 7er Ausschüsse nicht auflösen dürfen. Doch dies ist leider noch nicht das Ende der Aneinanderreihung von sehr fragwürdigen Entscheidungen: Der zusätzliche 8. Sitz für die Grünen in den neuen 8er Ausschüssen wurde nun seitens der GRÜNEN gleich wieder weiter „verschachert“; damit waren die Stimmen der FDP- und SPD-Fraktion für den Antrag der GRÜNEN gesichert. Anhand des Abstimmungsergebnisses vom 6. Mai 2014 (12:9 Stimmen für die 7er Ausschüsse) lässt sich vermuten, dass 3 Gemeinderäte der FDP und SPD umgefallen sind und nun für die 8er Ausschüsse stimmten. Dies war wahrscheinlich im Vorfeld abgesprochen und hat einen sehr faden Beigeschmack. Wurde hier zugunsten von Posten entschieden?
Es bleibt abzuwarten wie in künftigen, engen Entscheidungen des Gemeinderats die Mehrheiten erzeugt werden.

 

Ob dieses Prozedere demokratisch ist, kann jeder selbst für sich beantworten. Wir als WIP setzen uns für Transparenz, Klarheit und die Umsetzung des Wählerwillens ein und wir halten dieses Vorgehen im Sinne von Transparenz, vertrauensvoller Zusammenarbeit und repräsentativer Demokratie für höchst schädlich.

 

Aus unserer Sicht hätte die Erste Bürgermeisterin dieses Postengeschachere unterbinden müssen. In der Gemeindeordnung des Freistaates Bayern und der Geschäftsordnung der Gemeinde Pullach fällt ein möglicher weiterer Sitz in den Ausschüssen der Fraktion mit den meisten Wählerstimmen zu (nach Hare/Niemeyer) – und dies ist die CSU. Damit wären dann nämlich die Fraktions- und Stimmenverhältnisse des von den Pullacher Bürgerinnen und Bürger gewählten Gemeinderats wieder hergestellt. So stehen nun in den jeweiligen Ausschüssen 5 Mitglieder des Gemeinderats einschließlich der Bürgermeisterin (GRÜNE, FDP und SPD) 4 Mitgliedern aus den Reihen der CSU- und WIP-Fraktion gegenüber, obwohl letztere bei der Kommunalwahl zusammen knapp 40.000 Stimmen der Pullacher Bürger erhielten – im Gegensatz zu ca. 35.000 Stimmen der drei anderen Fraktionen.

Das Vertrauen innerhalb des neuen Gemeinderats und zur Ersten Bürgermeisterin ist nun auf absehbare Zeit empfindlich gestört, und das obwohl Frau Tausendfreund ausdrücklich auf konstruktive und vertrauliche Zusammenarbeit in der laufenden Amtsperiode gesetzt hat.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die neue Geschäftsordnung, die als Arbeitsgrundlage des Gemeinderats dient, in beschämender Art und Weise mit einer hauchdünnen Mehrheit von 11:10 Stimmen „durchgedrückt“ worden ist. Im Resultat wird das Wahlergebnis ignoriert und der Wählerwille spiegelt sich in den Ausschüssen nicht mehr wider. Die WIP-Fraktion wird dies nicht so hinnehmen und rechtlich überprüfen lassen, ebenso wie künftig mit dieser Situation umzugehen ist.

 

In diesem Zusammenhang würden wir uns sehr über Anregungen und Kommentare von Pullacher Bürgerinnen und Bürgern über unsere Homepage www.wir-in-pullach.de freuen. Denn unsere Politik soll ausschließlich für die Pullacher Bürgerinnen und Bürger und zum Wohle der Gemeinde Pullach sein.

Reinhard Vennekold
1. Vorsitzender der WIP